Eingeleitet wurden alle drei der gut besuchten Diskussionsrunden von Christian Moos, Generalsekretär der Europa-Union Deutschland und Dr. Gabriela Schneider vom Katholischen Büro in Berlin. Anschließend tauchten die Teilnehmenden direkt ein in Diskussionen über aktuelle europapolitische Themen.
Am Tisch zum Thema Demokratie und Europawahl 2024 sorgte die Diversität der Teilnehmenden in den verschiedenen Diskussionsrunden für sehr unterschiedliche Themenfokusse. Während im Gespräch mit Marion Walsmann MdEP und Uta Losem vom Katholischen Büro in Berlin insbesondere die Fragen von ErstwählerInnen Platz fanden, die sich nur begrenzt mit den großen Parteien identifizieren können, wurde in anderen Diskussionsrunden am gleichen Tisch mit Madeleine Henfling (MdL/Die Grünen), Annett Hänel (FDP) und Oliver Rau vom Sekretariat der deutschen Bischofskonferenz intensiv über Transparenz und Defizite des europäischen Wahlsystems und der europäischen Demokratie debattiert. Im Gespräch mit Katja Mitteldorf (MdL) und Clemens Ladenburger von der Europäischen Kommission kamen zudem die Zuständigkeitsbereiche der EU zur Sprache. Heiß diskutiert wurde auch über das Einstimmigkeitsprinzip.
Der zweite Thementisch, der sich mit Frieden, Migration und Flüchtlingen beschäftigte, bot Raum für hitzige Debatten. Doreen Denstädt, Ministerin für Migration, Justiz und Verbraucherschutz in Thüringen plädierte im Gespräch mit Dr. Kerstin Düsch-Wehr vom katholischen Büro in Berlin dafür, dass Flucht nach Europa sicher sein müsse. Expertin Dr. Hannah Adzakpa von der Vertretung der Caritas bei der EU erläuterte die Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS) und kritisierte die damit einhergehende Beschneidung der Rechte von Geflüchteten. Daneben wurden auch praktische Fragen zur Integration von Geflüchteten und staatlichen Unterstützungsangeboten für Schulen gestellt. CDU-Abgeordneter Jonas Urbach aus dem Thüringer Landtag erläuterte, inwieweit Deutschland insbesondere im Gesundheitssystem auf die legale Einwanderung geschulter Fachkräfte aus anderen Ländern angewiesen ist. Vonseiten der Teilnehmenden wurde bemängelt, dass die deutsche Bürokratie den Integrationsprozess verlangsame, worunter die Einwanderung geschulter Fachkräfte leide. Im Gespräch mit Katrin Göring-Eckardt (MdB) in der dritten Runde wanderte der Gesprächsfokus schließlich zu Waffenlieferungen an die Ukraine, der Rolle der Diplomatie und den globalen Folgen von Kriegen. Die Bundestagsabgeordnete rief den Ursprung ihrer Partei in der Friedensbewegung der 80er Jahre in Erinnerung, zeichnete jedoch eine düstere Zukunft im Hinblick auf die steigende Anzahl von Ressourcenkonflikten. Bezüglich der Unterstützung der Ukraine plädierte sie für das Recht der Ukraine auf Selbstbestimmung und die dafür nötige Unterstützung der EU.
Am Tisch zum Thema Außen- und Sicherheitspolitik, Entwicklung und Klima diskutierten in der ersten Gesprächsrunde Christian Hirte, Bundestagsabgeordneter der CDU und Dr. Gabriela Schneider vom Katholischen Büro in Berlin mit den Teilnehmenden vor allem über Klimaschutz und Energie. In der zweiten Runde wanderte der Themenfokus an diesem Tisch über die Rolle europäischer Werte bis zum Stellenwert von Diplomatie, wobei MdB Michael Roth von der SPD sich im Gespräch mit Johannes Moravitz von der Vertretung der Bischofskonferenzen bei der EU dafür aussprach, die Werte Freiheit und Demokratie in der Welt stärker zu verankern und betonte, es sei „allemal besser, wenn 27 Staaten in einem stickigen Raum zusammenkommen und nach Lösungen suchen, als wenn sich am Ende nicht der mit den besten Ideen, sondern der mit den stärksten Waffen durchsetzt“. Auf die Frage, ob aktuell der richtige Moment sei, über neue Beitritte zur EU zu sprechen, merkte Roth an, dass die Welt nicht nach irgendeiner Blaupause funktioniere. „Wenn man Zuwachs bekommt in der Familie und gleichzeitig das Haus saniert wird, dann ist das sehr kompliziert, noch dafür zu sorgen, dass jeder seinen Platz findet.“ Dennoch könne man nicht einfach warten, bis sich die globale Lage wieder beruhigt, sondern müsse auf den Willen der Beitrittskandidaten eingehen, auch in instabilen Zeiten. In der dritten Gesprächsrunde deklarierte Dr. Jörg Lüer von der Deutschen Kommission Justitia et Pax, dass viel Leid hätte vermieden werden können, wenn man in der Ukraine bereits früher europäische Waffen genutzt hätte. Um dies zu unterstreichen, berichtete er betroffen von seinem Besuch in der Ukraine nach dem Massaker von Butscha. „Die EU ist weit mehr als das Militärische aber es ist alles nichts, wenn wir nicht in der Lage sind, unser Haus zu verteidigen.“, so Lüer. In einer späteren Runde gab Bundestagsabgeordneter Fabian Funke von der SPD Einblicke in das Budget der Bundeswehr und erläuterte, inwiefern sich das Verhältnis zu Russland vom Prinzip „Wandel durch Annäherung“ schrittweise zum Prinzip „Wandel durch Handel“ entwickelt hat, was eine folgenschwere wirtschaftliche Abhängigkeit bedingte. Er rief daher dazu auf, Lehren aus dem russischen Angriff auf die Ukraine zu ziehen. Zum Thema Klimawandel erläuterte der Bundestagsabgeordnete, welche Auswirkungen ein Erstarken der rechtsradikalen Parteien im Parlament bezüglich klimafreundlicher Entscheidungen unter Einbezug des Einstimmigkeitsprinzips zur Folge hätte.
Zum Abschluss stellten die Tischmoderatorinnen und -moderatorine die Ergebnisse der Diskussionsrunden an ihren Tischen kurz vor und ließen die anderen Teilnehmenden so an den Gesprächen teilhaben.
Europa-Union und JEF boten zudem im Theater Erfurt einen Aktionsstand mit Spiel, Spaß und Gesprächen zu Europa an. Viele Teilnehmende des Katholikentages nutzen die Gelegenheit und schauten beim Stand vorbei, informierten sich zu Europa, rätselten über die Flaggen der EU-Länder und bedienten sich beim Infomaterial.